Friedrich F. Hüttenberger

DER HOF HUGGENBERG

Woher hat der Schweizer Ort Huggenberg seinen Namen und seit wann?

Neuere Erkenntnisse zur Entstehung des Ortsnamens Huggenberg und der Familiennamen Huggenberger / Hüttenberger

1. Huggenberg und die Ortsnamen im Umfeld dieser Siedlung

Der Hof Huggenberg im Bezirk Winterthur, im Kanton Zürich in der Schweiz, liegt ca. 4 km Luftlinie südöstlich von Elgg, zu dessen Kirchgemeinde er gehört, ebensoweit nordöstlich von Turbenthal, zu dessen Gerichtsbarkeit er bis 1798 gehörte, 3 km nordwestlich von Bichelsee, an dessen Herrschaft der Hofbauer bis 1278 den Zehnten abzuliefern hatte und ebensoweit südwestlich von Tänikon (siehe "Denicken" auf der Gyger-Karte von 1667), an dessen Kloster der Zehnte nach 1278 ging. 

Klar ist die Bildung dieses Ortsnamens: nämlich aus dem alten Genitiv (des) "Hugen" (oder "Huggen") Berg benannt also nach einem Mann namens "Hug" oder auch "Hugo", ein Vorname, der sowohl in Zusammensetzungen, wie Hugibrecht, Hugimar, Hugibold, aber auch einfach als Hug oder Huc in frühen St.Galler Urkunden seit dem 8.Jh. vorkommt. Hug bedeutet "Geist, Witz, Klugheit". Wann aber hat dieser Hug, nach dem der Hof den Namen erhalten hat, gelebt?

Kaspar Hauser vertrat in seiner Geschichte von Elgg 1895 noch die undifferenzierte Ansicht, daß die Ortschaften rund um Elgg, "in der Völkerwanderungszeit" (ca. nach 496) von Alamannen gegründet worden seien, und ein hervorragender Krieger dem neuen Wohnsitz seinen Namen gegeben habe.1 Ihm folgt Karl Mietlich 1946, der alemannische Siedlungsgründungen rund um Elgg ebenfalls undifferenziert "während der Völkerwanderungszeit" ansetzt, wobei "der Rufname des Familien- oberhauptes, das sich an dem nach ihm benannten Ort mit seinem Gefolge niederließ", die Grundlage für den späteren Ortsnamen abgab: Huggenberg als Ableitung von dem alemannischen Personennamen "Hugo".2

Inzwischen sind - vor allem durch den Sprachwissenschaftler und hervorragenden Kenner der Regionalgeschichte Dr.Hans Kläui - neuere Erkenntnisse in der Ortsnamenforschung dieser Region gewonnen worden, die von einer undifferenzierten Gründungszeit der Höfe um Elgg abrücken, und eine zeitlich differenzierte Entwicklung der Ansiedlungen über viele Jahrhunderte hinweg seit der Völkerwanderungszeit plausibel machen.

Die ersten Ortsnamen, die im Zuge der alemannischen Landnahme seit Ende des 5.Jahrhunderts in der Umgebung von Elgg entstanden, sind diejenigen auf -ingen in Verbindung, mit einem alemannischen Personennamen (z.B. Wulfilo - Wülflingen). Diese Ortsnamen finden sich in dem leicht zugänglichen "Zürcher Weinland" nördlich von Elgg, jedoch nicht im Bergland südlich davon, welches demnach zunächst noch unbesiedelt blieb.3

Später, also wohl im 6. und 7.Jh., kamen die Ortsnamen auf -hoven in Gebrauch, die sich ableiteten von einem Personennamen verbunden mit dem Dativ des Wortes Hof als Bezeichnung eines festen Wohnsitzes (zu ...hoven"), z.B. auf dem Hof des Wanzo: "Ze Wanzinchovun", woraus später Wenzikon wurde. Zu dieser Gruppe gehören aus der Umgebung Elggs wahrscheinlich außerdem noch die Orte Schottikon, Tänikon, Gündlikon, Zünikon, ein abgegangenes Remlikon, und auch Hutzikon bei Turbenthal.

Alemannien - und damit auch die nördliche Schweiz -wurde ab dem Ende des 7.Jh. dem Frankenreich der Merowinger einverleibt. Aus dieser Zeit stammen einige Ortsnamen, die auf fränkische Personennamen zurückgehen. Wie z.B. Birmenstall aus Pirmins-tal nach dem Taufnamen Pirmin und der ältere Name für Hofstetten bei Elgg, nämlich "Pipines hovesteti" (so noch im Jahre 914 belegt).

Vom Ende des 7.Jh. bis zum Anfang des 9.Jh. entstanden Ortsnamen auf -wil. wie z.B. das Nachbargehöft des Hofes Huggenberg: Geretswil (auch Geroldschwil, Gerentschwil oder Geretschwil genannt), oder ebenfalls in der Nähe des Huggenberg der Ort Waldrammeswilare (854 in einer Urkunde so genannt), der zwei Generationen zuvor noch Uadalprechteswilare geheißen hatte und gegen Ende des 8.Jh. gerodet worden sein dürfte; ebenso südöstlich von Elgg Balterswil, Ifwil, Tuttwil, sowie Guwil (Guowil), zuvor auch Buwil (Buowil) bzw. Buobonwilare genannt. Weitere Einzelsiedlungen aus der Zeit Karls des Großen und danach haben ihre Namen auf -tal, -berg oder -hausen, so z.B. Schwabental (875 ist ein "Swab" urkundlich erwähnt), Gerbenstal (Gebhart 875 urkundlich in Hutzikon er-wähnt) Waltistal (heute Waltenstein), Ettenhausen, Iltishausen, Guntershausen.

Ortsnamen wurden zu allen Zeiten auch nach landschaftlichen Besonderheiten der Flur gegeben, wie z.B. Seelmatten (Wiese am kleinen See), Tüfenstein (Felsen/Stein in einer Senke. Aus der Umgebung von Huggenberg sind schon im 8. Jh. bezeugt: Schlatt (Gelände mit Schilfrohr; Hauser erklärt den Namen noch mit der Erinnerung an das Abschlagen der Bäume), Dickbuch (nach einer dicken Buche; Hauser war von einem nicht belegten Personennamen Dicho ausgegangen), Nußberg (Anhöhe mit Nußbäumen). Der Hof Schümberg, Nachbargehöft zu Geretswil, trägt denselben Namen wie der Berg, in alter Schreibung "Scuniperc", heute Schauenberg.

Bei wachsender Bevölkerung wurde weiteres Land benötigt,das man dem Wald abrang, indem man ihn dort rodete, wo am Rande des bereits landwirtschaftlich genutzten und besitzmäßig beanspruchten Landes noch weiteres, landwirtschaftlich nutzbares Gelände zu erwarten war. Logischerweise nahm man sich der abgelegensten und bergigsten Flächen zuletzt an, so z.B. den oben im "Pirg" südöstlich von Turbenthal - gelegenen Höfen Schmidrüti, Ballisrüti, etc. Wie ordnet sich nun Huggenberg entstehungsgeschichtlich hier ein?

(weiter: Argumentation aus topographisch-geschichtlicher Sicht)